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Stichwort English Beschreibung
Eigenkapitalrichtlinie (Basel II) Capital Requirements Directive (Basle II) Sinn und Zweck der Eigenkapitalrichtlinie

Sinn der Eigenkapitalrichtlinie ist es, die dem Bankgeschäft innewohnenden Risiken und die damit verbundenen Wertberichtigungs­notwendigkeiten zu begrenzen. Bank­spezi­fische Risiken sind
  • Kreditausfallrisiken – im Fachjargon Adressausfallrisiken – (Kredite und Kreditzinsen können von den Kreditnehmern nicht mehr oder nur noch zum Teil zurückbezahlt werden),
  • sogenannte operationelle Risiken, die sich aus einem unzureichenden Management (insbesondere Risikomanagement) ergeben sowie
  • Marktrisiken.
Das Geldschöpfungssystem des Bankenwesens führt dazu, dass die Banken in der Lage sind, ein Vielfaches ihres Eigenkapitals auf der Grundlage einbezahlter Kunden­gelder als Kredite zu vergeben. Begrenzt wird dieser Geldschöpfungsprozess durch die Notwendigkeit, mindestens soviel Eigenkapital vorzuhalten, als erforder­lich ist, die Ausfallrisiken abzudecken.

Lösungsversuch durch Basel I

Schon im Jahr 1988 hatte der Baseler Ausschuss – eine Institution der nationalen Zentralbanken von mehreren europäischen Ländern, den USA und der nationalen Bankaufsichtsbehörden – beschlossen, das Kreditvolumen der Kreditinstitute generell auf eine Eigenkapital­unterlegung von mindestens 8 Prozent zu beschränken. Diese nicht bindende Vorgabe wurde durch die nationalen Regierungen in Rechtsvorschriften umgesetzt und damit verbindlich gemacht.

Neuer Anlauf durch Basel II

Die Regelung erwies sich als höchst lückenhaft. Es wurde keine Rücksicht auf die Risikostruktur der Ausleihungen der Kreditinstitute genommen, so dass sich der Baseler Ausschuss seit 1999 nochmals um differenziertere Regelungen bemühte (Basel II). Auf der Grundlage dieser Vorarbeiten wurden am 14.06.2006 für die Mitgliedstaaten der EU durch den Europäischen Rat und das Europa­parlament Regelungen in Form der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG erlassen. Ihr folgten weitere Richtlinien. Die Umsetzung in Deutschland erfolgte unter anderem durch Änderung des Kreditwesengesetzes und durch darauf aufbauende Verordnungen des Bundesfinanz­ministeriums (Solvabilitätsverordnung vom 16.12.2006) und der Bundesanstalt für Finanzdienstleitungs­aufsicht, die hierzu eigens ermächtigt wurde.

Anforderungen an Risikomanagement der Institute

Die Beherrschung des Risikos ist nur möglich, wenn bestimmte Kriterien im Rahmen des Risikomanagements beachtet werden. Es gibt deshalb eigene Vorschriften und Meldepflichten der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungs­aufsicht, die vom Bankenmanagement zu beachten sind. Es handelt sich um die neu gefassten Mindestanfor­derungen an das Risikomanagement (MaRisk). Erwartet wird, dass bei Beachtung dieser Vorschriften das Kreditausfallrisiko auf durchschnittlich 0,1 Prozent begrenzt wird. Die neuen Rechtsgrundlagen (KWG-Novelle, Solvabilitätsverordnung, MaRisk) traten in Deutschland fristgerecht zum 01.01.2007 in Kraft. In den USA wurde die Umsetzung von Basel II zum 01.01.2009 angekündigt - allerdings nicht in Kraft gesetzt.

Was sind Eigenmittel, wie werden ihre Bestandteile berücksichtigt?

Geregelt werden musste in diesem Zusammenhang zunächst im Kreditwesengesetz (§§ 10 und 10a KWG) was als Eigenmittel und Eigenkapital gilt und wie ihre einzelnen Bestandteile bei der Berechnung des haftenden Eigen­kapitals zu berücksichtigen sind. Die Eigenmittel setzen sich danach zusammen aus dem Kernkapital (dauerhaft zur Verfügung stehende Kapital samt einbehaltenen Gewinnen), zwei Klassen des Ergänzungskapitals und sogenannten Drittrangmitteln. Ergänzungskapital wird nur bis zu 100 Prozent des Kernkapitals berücksichtigt und darf auch nur bis zu 50 Prozent des Kernkapitals aus längerfristigen nachrangigen Verbindlichkeiten und dem Haftsummenzuschlag bestehen. Nach einigen Abzügen kommt man zu den anrechenbaren Eigenmitteln die nach der Solvabilitätsverordnung zur Ermittlung der jeweils angemessenen Eigenkapitaldeckung von Adressenausfall­risikopositionen, den operationelle Risiken und den Marktrisiken zugrunde gelegt werden.

Wer ermittelt das Risikoprofil eines Kreditinstituts?

Bei der Solvabilitätsverordnung (Verordnung über die angemessene Eigenmittelausstattung von Instituten, Institutsgruppen und Finanzholding-Gruppen), handelt es sich um ein höchst komplexes und voluminöses Rechtsgebilde mit 370 Paragrafen und 3 Anlagen.

Die Bewertung des Risikos der Kreditinstitute erfolgt entweder durch externe, von der BAFin anerkannten Ratingagenturen oder – sofern hierfür eine Zulassung durch die BAFin vorliegt – durch internes Rating. Grundlage für das externe Rating ist ein sehr differenziert geregelter "Kreditrisiko-Standardansatz" (KSA).

Kreditrisiken im Immobilienbereich

Bei dessen Anwendung wird unterscheiden zwischen 15 verschiedenen Forderungsklassen. Hierzu zählt die für die Immobilienbeleihung wichtige Forderungsklasse 10 - "durch Immobilien besicherte Positionen". Das Risikogewicht wurde hier mit 35 Prozent festgelegt, soweit Darlehen vollständig durch Grundpfandrechte an Wohnimmobilien gesichert sind und sie vom Eigentümer gegenwärtig oder künftig selbst bewohnt oder zu Wohnzwecken vermietet sein sollen. Es steigt auf 50 Prozent, wenn diese vollständig durch Grundpfandrechte an Gewerbeimmobilien im Inland oder auf dem Gebiet eines anderen Staates des Europäischen Wirtschaftsraums gesichert sind. Bei Bauspardarlehen liegt das Risikogewicht bei 50 Prozent, ebenso bei Vor- und Zwischenfinanzierungen, wenn mindestens 60 Prozent dieser Darlehen unter Einhaltung der Beleihungsgrenzen grundpfandrechtlich gesichert sind.

Wie sehr sich das Risikogewicht nach oben verschieben kann, zeigt der Ansatz bei der Forderungsklasse 15: überfällige Positionen. Es liegt generell bei 150 Prozent. In den oben genannten Fällen (besicherte Wohnimmobilie) steigt es von 35 auf 50 Prozent, wenn die erforderliche Einzelwertberichtigung für diese Position mindestens 25 Prozent der Bemessungsgrundlage beträgt, sonst bei 100 Prozent. In den Fällen, in denen der Schwellenwert von 100 Prozent überschritten wird, mindert dies den Anteil der Risikopositionen, die unterhalb von 100 Prozent liegen. Insgesamt kann jedoch gesagt werden, dass dem Umstand der Absicherung eines Darlehens durch ein Grundpfandrecht bei der Anwendung des Kreditrisiko-Standardansatzes Rechnung getragen wird.

Fortentwicklung durch Basel III

Die weltweite Wirtschafts- und Finanzkrise nach 2007 hat dazu geführt, dass der Baseler Ausschuss noch einmal eine Verschärfung der Eigenkapitalanforderungen für Kreditinstitute beschlossen hat, da sich erwiesen hat, dass trotz Basel II Staaten einen Rettungsschirm über die Banken spannen mussten. Die Endfassung dieser neuen Richtlinie wurde 2010 beschlossen und soll ab 2013 in Kraft treten. Basel III soll für mehr Stabilität der Finanzwelt sorgen und zwar durch Erhöhung des zur Abfangung von Verlusten erforderlichen Mindesteigenkapitals auf 4,5 Prozent hartes Kernkapital (bisher 2 Prozent) plus 1,5 Prozent weiches Kernkapital (bisher 2 Prozent) und 2 Prozent Ergänzungskapital (bisher 4 Prozent) – zusammen also 8 Prozent. Darüber hinaus sind Banken aufgefordert für "Zusatzpuffer" zu sorgen, um Risiken aus eigener Kraft auffangen zu können. Ein Teil des Zusatzpuffers soll verhindern, dass das Kapital in Krisenzeiten schnell verbraucht wird ("Kapitalerhaltungspuffer in Höhe von 2,5 Prozent") und ein anderer Teil (0 – 2,5 Prozent) soll antizyklisch wirken, das heißt in guten Zeiten angelegtes Kapital für schlechte Zeiten zur Verfügung zu haben. Stille Einlagen für Banken in der Rechtsform von Aktiengesellschaften gelten ab 2013 nicht mehr als hartes Kernkapital.

Auswirkungen auf die Bankkunden

Aus dem Gesagten ergibt sich, dass bei höherem Risiko eine höhere Eigenkapital-Unterlegungsquote gefordert wird, bei niedrigerem Risiko eine entsprechend niedrigere. Nachdem der Bewegungsspielsraum der Kreditinstitute für Kreditgeschäfte dadurch entweder verringert oder erhöht wird, folgt als Konsequenz, dass sie risikoreiche Engagements eher meiden werden. Quasi parallel zum Rating der Kreditinstitute erfolgt deshalb ein Rating der potentiellen Darlehensnehmer. Dabei kann sowohl der Bankkunde selbst durch Beauftragung einer Ratingagentur für Klarheit sorgen. Andernfalls übernimmt die Rolle des Raters das Kreditinstitut selbst. Beim Rating kommt es neben der tatsächlichen Risikostruktur des Geschäftes entscheidend auf die Unternehmenstransparenz und die Kooperationswilligkeit und -fähigkeit an, die der Unternehmer bzw. der Darlehensnehmer dem Kreditinstitut entgegenbringt.